Radtour 2013

Wilhelmshaven - Friedrichshafen

   
   

Kaiser-Wilhelm-Brücke

Dangaster Siel

 

  So, 25.08. Wilhelmshaven - Sandkrug
Diese Teilstrecke der gesamten Tour von Wilhelmshaven nach Friedrichshafen habe ich vor kurzem mit meinem Bruder Georg von Sandkrug nach Wilhelmshaven gemacht. Das ist in einem gewissen Sinne eine meiner Hausstrecken. Man fährt die eine Strecke mit dem Fahrrad und die andere mit der Nordwest-Bahn zurück. Die Reihenfolge bestimmt die vorherrschende Windrichtung. Die Route von WHV nach Sandkrug verläuft über Dangast, Langendamm, Obenstrohe, Spohle, Wiefelstede, Metjendorf, Oldenburg (Staulinie, Am Stau, Eisenbahnbrücke, Bahnhofsallee) nach Sandkrug.
Die Strecke beträgt 72 km.

Sulingen

 

 

 

Altes Amtsgericht in Petershagen

 

 

 

Mo, 26.08. Sandkrug - Petershagen
Bin satt, habe mein Abendbrot gegessen: Schwarzbrot mit Käse (Alter Schwede) und Tomaten, von denen ich den ganzen Tag geträumt habe. Nach 112 km habe ich Petershagen erreicht. Um 0930 Uhr bin ich von Sandkrug gestartet, habe mich vor der Bank nach einer Nachforschung einer für uns nicht erklärbaren Abbuchung von unserem Konto von Gerda verabschiedet und mich ins Abenteuer gestürzt. Der Start ist für mich der schwierigste Moment, weil man das Gewohnte aufgibt. Man kann den Ablauf der geplanten Route "Von Wilhelmshaven bis Friedrichshafen" nicht abschätzen.
Um 1200 Uhr war ich nach 45 km nonstop in Twistringen. Von Colnrade bis Twistringen kam der Wind heftig von vorne. Starker Gegenwind verkürzt bekannt die Reichweite des Akkus. Nach Brötchen mit Kaffee am Marktplatz ging es um 1230 Uhr weiter in Richtung Sulingen. Schwierig war der letzte Abschnitt bis Uchte, weil es keinen Radweg neben der stark befahrenen Landstraße gab. Einheimische hatten mich schon vor diesem Teilstück gewarnt. Der Weg sei kürzer, aber gefährlich. Da ich mich zuvor schon einige Male verfahren hatte, habe ich es dennoch gewagt, dieses kürzere Stück in Angriff zu nehmen, zumal ich zwei Jahre zuvor die gute Erfahrung gemacht hatte, dass die schweren Brummer sehr viel Rücksicht nehmen. Auch diesmal.
Um 1715 Uhr war ich beim Alten Amtsgericht (Touristeninformation, Gaststätte, Gasthof mit Übernachtungsmöglichkeiten in Knastzellen, aber auch "normale Zimmer") in Petershagen. 2 Dosen Bier und Tomaten eingekauft, mit denen ich nun an meinem Tagebuch schreibe. Der neue 24 Ah-Akku, den ich seit 3 Wochen habe und schon dreimal leergefahren hatte (um den Memory-Effekt auszuschalten), ist der Garant für solch großen Tagesleistungen.
Zu den 112 km von heute rechne ich die 72 km von Wilhelmshaven nach Sandkrug hinzu.
Morgen schreibe ich etwas zu dem Fahrradnavigationsgerät, das ich seit drei Wochen besitze. Dann kann ich schon etwas darüber sagen, wie es sich auf solch einer Tour bewährt.

Heute: 112 km
Gesamt: 184 km


Porta Westfalica

Rinteln - Marktplatz

Hameln

Grohnder Fährhaus

 

Di, 27.08. Petershagen - Grohnder Fährhaus
Den Rest hat mir der halbe Liter Weizenbier gegeben, den ich soeben auf der Veranda des Grohnder Fährhauses getrunken habe. Jetzt bin ich total entspannt und habe eigentlich die nötige Bettschwere und die totale Entspannung.
Reisen ist ein Abenteuer! Im Touristenbüro in Hameln hat der Sachbearbeiter mir ein Zimmer in Müllers Hof , Niependoor 2, 31860 Emmerthal besorgt per Internet. "Damit Ihnen keiner zuvorkommt, habe ich es für Sie reserviert. Bis dahin sind es etwa 5 Kilometer. Sie können auf dem Weser-Radweg weiterfahren und kommen automatisch nach Emmerthal." Gemacht, getan - bis ich an eine Brücke komme und einen Radfahrer ohne Gepäck frage, ob ich über die Brücke müsse, um nach Emmerthal zukommen. Er bejaht meine Frage. Also fahre ich in den Ort auf der anderen Weserseite. Dort kann mir niemand sagen, wo die Starße Niependoor ist. Schließlich suche ich Rat in einem Blumenladen - weil ansonst kein Laden weit und breit zu sehen ist. Die Inhaberin telefoniert mit viel Ausdauer mit Bekannten, mit ihrem Steuerberater und vielen anderen. Keiner weiß, wo die Straße Niependoor ist. Schließlich konnte der Nachbar helfen. Das Problem ist dadurch entstanden, dass Emmerthal eine Gesamtgemeinde aus vielen Dörfern ist und somit der Ort Emmerthal eigentlich gar nicht existiert. Das hätte der Sachbearbeiter im Touristenbüro bedenken sollen.
Schließlich habe ich den Müllers Hof in Hajen(!), etwa 12 km südlich von Hameln mit Hilfe der Wegbeschreibung von der Inhaberin des Blumengeschäftes erreicht. Dort erhielt ich dann die Mitteilung, dass kein Zimmer mehr frei sei. Nach einer halben Stunde Wartezeit hat sich Herr Müller ins Auto gesetzt, um herauszufinden, ob beim Grohnder Fährhaus - etwa 3 km zurück - noch ein Zimmer frei sei, weil dort keiner das Telefon abnahm. Er gab mir eine Flasche Bier, fuhr davon und kann bald mit der frohen Kunde zurück, dort ein freies Zimmer gefunden zu haben. Also ich zurück! Und das Zimmer bezogen. Apropos: Die Frau von Herrn Müller ist im Touristen-Informationsbüro in Hameln beschäftigt. Frage: Welchen Wert hat die Zimmerreservierung per Internet, wenn sie nicht funktioniert?
Soeben hat der Wirt von Alten Amtsgericht in Petershagen angerufen, um mir mitzuteilen, dass ich dort meinen USB-Stick mit den geplanten Routen liegengelassen habe. Mal sehen, wie ich auch so klar komme.

Der Weg führte heute vorbei an Minden, Porta Westfalica, Bad Oeynhausen, Vlotho, Rinteln und Hameln.


Heute 107 km
Gesamt: 291 km


Bodenwerder

Poller Fähre

Gierseilfähre Wehrden

Gierseilfähre Beverungen

 

Mi, 28.08. Grohnder Fährhaus - Reinhardshagen
Um 0930 Uhr bin ich vom Grohnder Fährhaus gestartet. Jetzt sitze ich seit 1700 Uhr im Hotel Peter in Reinhardshagen, etwa 15 km vor Hann.Münden. Von Grohnde ging es durch Bodenwerder, an der Poller Fähre vorbei nach Holzminden. Dort gab es gegen 1200 Uhr auf dem Markt eine Bratwurst. Dann kam ich am Kloster Corvey und Höxter vorbei. Habe beim Kloster nicht angehalten, weil ich vor 2 Jahren dort eine Pause gemacht hatte.

Über die Gierseilfähre bei Wehrden ging es weiter nach Beverungen und Bad Karlshafen. Schließlich kam ich nach Gieselwerder. Am Campingplatz habe ich mich erkundigt, ob es im nächsten Ort ein Hotel oder eine Pension gäbe. Ja in Gottstreu, direkt am Weg. Richtig. Aber "Heute Ruhetag". Also noch einmal 10 km bis Reinhardshagen (Hotel Peter). Geschafft! Akku hat durchgehalten. Und wieder 111,0 km.

Zwischendurch habe ich festgestellt, dass ich eine Spur von verlorenen Teilen hinter mir herziehe. In Beverungen habe ich bei einer Bierpause mein Notizbuch und den Kugelschreiber liegen gelassen. Jetzt reicht's! Erste Anzeichen von Alzheimer?

Heute: 111,0 km
Gesamt: 402 km

Gierseilfähre Reinhardshagen vor Hotel Peter

Hann.Münden (links Werra + rechts Fulda = Weser)

Hann-Münden - Rathaus

Bad Sooden-Allendorf

Heldra-Kleegarten

 

Do, 29.08. Reinhardshagen - Heldra
Mag es kaum sagen: Als ich heute morgen mit der Fähre vor dem Hotel die Weserseite wechseln und die Fähmann-Gebühr von einem Euro zahlen wollte, fehlte das Portmonee in meiner Lenkradtasche. Der Fährmann sah und spürte mein Entsetzen, wendete die Seilfähre mit den anderen Benutzern und brachte mich zurück zum Hotel. Die Frühstückfrau sagte, sie hätte gesehen, wie ich das Portmanee eingesteckt hätte. Es war aber in keiner Tasche, nicht auf dem Zimmer, nicht bei der Rezeption, nirgendwo. Schließlich blieb nur noch die abgeschlossene Garage, in der das Fahrrad übernachtet hatte. Dort lag es auf dem Sims des Garagenfensters. Ich war inzwischen schweißnass. Peinlich, peinlich! Ich wäre ein Nobody gewesen. Ohne Geld, ohne Personalausweis, ohne Bankkarte etc. Vielleicht lag das alles an dem dichten Nebel über der Weser.
Um 0920 Uhr kam ich nach Hann.Münden mit dem schönen Rathaus. Und Weser zu Ende. Brot gekauft und ein Oktavheft für Notizen unterwegs. Nun an der Werra entlang. Sehr romantische Abschnitte. Über Witzenhausen, Bad Sooden-Allendorf, vorbei an Eschwege, durch Wanfried kam ich schließlich nach Heldra. Hier hatte ich vor 2 Jahren schon im Hotel Kleegarten übernachtet. Ein historisch erhaltener Gutshof mit zusätzlich vier Zigeunerwagen auf der Wiese hinter dem Hauptgebäude. Dieses Anwesen war ursprünglich das Stammhaus der Familie von August-Hermann Francke, geb. 1663, dem Begründer der weltbekannten Franckeschen Stiftung in Halle. In der Scheune gibt es kulturelle Veranstaltungen und im Backhaus interessante Kurse.
Ich schlafe wie beim letzten Mal in einem Zigeunerwagen, sehr sauber, sehr romantisch und sehr preiswert. Dafür trinke ich gleich ein schönes Weizenbier mehr in dem Hofgarten.
Die Tagesstrecke ist heute nicht sehr lang geworden, weil ich hier noch einmal übernachten wollte. Nur 90 km. Das ist auch gut so, weil mein Popo etwas Erholung braucht.

Gesamt: 492 km

Treffurt

Werra bei Milha

Creuzburg

Biker's Dream Dorndorf

 

 

Fr, 30.08. Heldra - Dorndorf
0910 Uhr ab Heldra. Schönes Gespräch mit Gast beim Frühstück (Wanderer). Erfahre, dass auf meinem Wege kurz nach Heldra die Grenze zur ehemaligen DDR verlief. Nun in Thüringen über Treffurt, Milha, Creuzburg, vorbei an Eisenach, Hörschel, Gerstungen, Heringen und Vacha nach Dorndorf. Hier Quartier gefunden in der "Fahrradherberge", Neubau im Motel-Stil: Keine Empfangsdiele, sondern nur von außen zugängliche Appartements. Frühstück wird morgen früh gebracht.

Um 1600 Uhr war ich vor der Herberge, habe dann geduscht und mich aufs Bett gelegt, weil ich völlig erschöpft war. Vermutlich war ich am Morgen zu lange gefahren (40 km) ohne etwas zu trinken. Dann kam bei einem alkoholfreiem Bier in einem Garten eine Gaststätte (Zur Alten Schule) in Herleshausen die Rache: Beängstigender Schwindel! Nach dem Bier Emser-Salztabletten nachgeschoben und eine Banane gegessen.
Zurzeit fahre ich durch Thüringen. Man merkt ganz deutlich, dass die Infrastruktur noch nachhinkt. Zum einen ist der Werra-Radweg noch in einem sehr verbesserungs-würdigen Zustand, dazu zählt auch die Beschilderung. Deutlich ist auch die geringe Herzlichkeit zu spüren, wenn man Einheimische nach dem Wege fragt. Sie antworten, aber ohne Freude daran, einem Fremden weiterzuhelfen.
Anders jüngere Leute, wie der Gastwirt dieser Herberge, der im Nachbarort wohnt und dort zudem einen Kanuverleih und Flussfahrten-Betrieb leitet.
Er gab mir auch den Tipp, zu einem Motorradfahrer-Treffen bei einem Gasthof ganz in der Nähe zu gehen. Dort würde gegrillt. Als ich nach der Tagesschau dort hinging, war der Wirt bereits beim Aufräumen, konnte kein Würstchen mehr braten, hatte aber noch warmes Gulasch. Das nahm ich dankend an - und ich muss sagen - es hatte richtig Inhalt und schmeckte vorzüglich.
Bevor ich mich ins Bett lege und den morgigen Tag überschlage, schreibe ich diese Tagesberichte. Das wird selten spät, denn ich will mich gut für den nächsten Tag ausschlafen. Am Fernsehen interessiert mich nur das Wetter.

Heute: 91 km
Gesamt: 583 km


Breitungen

Wasungen

Meiningen

Untermaßfeld

 

 

 

Sa, 31.08. Dorndorf - Hildburghausen
Start um 0910 Uhr nach dem Frühstück in der Holzhütte nebenan. Der erste Teil in Richtungen Breitungen ist gut, dann aber eine Schotterstrecke mit Baumwurzeln. Um 11.30 Pause in Breitungen, ein älterer Herr aus dem Ort sucht das Gespräch am Brunnen vor der Kirche mit mir. Um 1250 Uhr mache ich eine Pause in Wasungen bei einem Eis-Cafe "Zur Linde". Die Inhaberin serviert mit einen Eisbecher mit Erdbeeren. Ungemein lecker!
An der weiteren Strecke stehen viele Pflaumen- und Apfelbäume. Die Früchte sind leider noch nicht reif. Vielleicht weiter südlich.
Einmal verfahren in Richtung Schmalkaden. Dann zurück auf die Strecke in Richtung Wasungen, vorbei an Walldorf, durch Meiningen und Untermaßfeld. Dort habe ich den Gasthof wiedererkannt, in dem ich vor 2 Jahren übernachtet hatte. An der Kirche gegenüber war ein historisches Schauspiel. Der Wirt stand vor der Tür und meinte, mich wiederzuerkennen. Ich wollte aber noch weiter. Der nächste größere Ort war Themar. Danach gab es noch einige sehr steile Anstiege. Bei Eberhards musste ich das Rad mit all dem Gepäck einen Hang hinaufschieben. Trotz einiger Pausen zum Luftholen war ich oben völlig aus der Puste. Nach 103 km fand ich dann in Hildburghausen ein Hotel: Hotel Eschenbach Garni. An der Eingangstür das Schild "Heute geschlossen". An der Straße stand doch die Hoteltafel mitd em Hinweis "Open". Ich wollte mein Pech nicht hinnehmen, ging an die Tür - und sie war nicht geschlossen. Also hinein! Im Flur kamen mir zwei Männer entgegen, die mir erklärten, die Dame im Haus gegenüber sei für die Belegung des Hotels zuständig. Als ich mit den Herren wieder aus dem Hotel trat, war die Dame bereits da und gab mir das letzte kleine Einzelzimmer. Ich hätte sie umarmen können, denn mein Fahrrad- und mein persönlicher Akku waren nahezu leer.
Nun Duschen - lange und ausdauernd - dann Brot mit Käse und gesalzenen Tomaten und mit Radeberger (Dosen unterwegs eingekauft) und Bundesliga-Sportschau sehen. Später Gerda anrufen und Donna Leon im Ersten ansehen. Vielleicht schlafe ich dabei ein. Auf alle Fälle trinke ich eine zweite Dose, weil ich die Hälfte der Gesamtstrecke geschafft habe.

Heute: 103 km
Gesamt: 686 km

Hildburghausen

 

Coburg

Bamberg - Buger Hof

 

So, 01.09. Hildburghausen - Bamberg
Das für heute geplante Teilstück hat mir daheim schon bei der Planung der Route die größten Sorgen bereitet, weil ich wusste, dass der Abschnitt von Bockstadt (westlich von Eisfeld) über die Ausläufer des Thüringer Waldes führen und im ersten Teil heftige Steigungen beinhalten würde. Und so war es. Hinzu kam, dass schon beim Start am Morgen das Hinterrad sich nur schwer drehen ließ. Beim Hochheben des Hinterrads und einem kräftigem Stoß mit einer Pedale, machte das Hinterrad nur 2 Umdrehungen. Als ich dann dennoch mit einschalteter Motorunterstützung losfuhr, ging es einigermaßen. Aber bei jeder größeren Steigung ging mir die Puste aus - und manchmal habe ich das schwere Rad den ganzen Hang oder das letzte Teilstück hinaufgeschoben - insbesondere bei Herbartswind (Ende von Thüringen). Zum Glück ging es dann im zweiten Teilabschnitt nach Coburg (Oberfranken/Bayern) eine gute Strecke bergab.
Es war warm in der Sonne, aber nicht im Schatten, und trocken. Ein wunderbarer Spätsommertag. Die Pflaumen sind immer noch nicht reif. Die Äste prallvoll und zum Teil unter der Last abgebrochen.
Um 1200 Uhr war ich in Coburg. Dort stellte ich dann fest, dass sich das Hinterrad verschoben hatte und am Bremsgummi schleifte. Ich dachte: Wenn das die Ursache ist, gibt es eine Lösung: An der nächsten Tankstelle finde ich sicherlich den passenden Schlüssel. Also habe ich zunächst eine Mittagspause bei einem Bistro eingelegt: Spagetti-Bolognese gegessen und einen Pott Kaffee getrunken. Es ist ja Sonntag!
Dann mich zur nächsten Tankstelle durchgefragt, einen passenden Ringschlüssel ausgeliehen, das Rad gerichtet und die Schrauben richtig angeknallt. Und schon ging alles viel leichter. Und der Mut stieg, noch bis Bamberg zu fahren, obgleich der Akku schon beim letzten Ladungslicht angekommen war. Gemacht, getan! Der Wind kam kräftig und zum Glück von achtern! Der Fahrradweg glatt, breit, ohne große Steigungen, größtenteils bergab.
Unterwegs träumte ich davon, in einem Hotel mit Blick auf dem Main zu übernachten. Doch als ich mich zum ersten Mal In Bamberg bei einem Einheimischen nach dem Mainufer erkundigte, war ich längst schon zu weit gefahren. Am Ende bin ich 3 km südlich von Bamberg in einem einfachen Hotel an der Regnitz gelandet (Empfehlung eines Taxifahrers In Bamberg). Ohne Blick aufs Wasser und ins Grüne.
Aber weil Sonntag ist, habe ich mir ein großes, vom Wirt empfohlenes Schnitzel mit Pommes und Salat und zwei großen Bieren geleistet (zusammen 10 €). Das erste Schnitzel seit Wochen. Die glücklichen Wendungen von heute müssen mit Stil gefeiert werden. Da keine weiteren Gäste im Schankraum saßen, hat sich der Wirt lange mit mir unterhalten und einen Kräuterschnapps spendiert. Ich hatte ja auch seiner Enkelin bei den Mathehausaufgaben geholfen (Einmaleins bis 100).

Heute: 95 km
Gesamt: 781 km

Erlangen

Main-Donau-Kanal

Hilpoltstein

Schöne Dachkammer

 

Mo, 02.09. Bamberg - Hilpoltstein
Heute Radtour überm Deich - aber nicht an der Weser oder Elbe oder Jade, sondern am Main-Donau-Kanal entlang. Sehr fester Schotterweg direkt am Kanal, gelegentlich Schleusen, die mit steilen Anstiegen umfahren werden müssen, gelegentlich Wind von achtern. Ansonsten kühl, bedeckter Himmel mit nicht nennenswerten Tropfen. Längere Zeit Jacke zum Wärmen übergezogen.
0930 Uhr war ich nach einem guten Buffet-Frühstück vom Burger Hof, Am Regnitzufer in Bamberg gestartet und nach 34,5 km vorbei an Forchheim. Um 1200 Uhr in Möhrendorf. Dort mein Bargeld vermehrt, den Bäcker einen Becher Kaffee und ein belegtes Brötchen abgekauft. Um 1215 Uhr ging es an Erlangen, kurz danach an Nürnberg vorbei - immer am Main-Donau-Kanal entlang!. Nach 65 km habe ich eine längere Pause eingelegt und meine Proviantdose geplündert: 2 Stullen mit Margarine und Wurst (noch von zu Hause) und Tomaten mit Salz (köstlich!).
Um 1700 Uhr begann die Akkuanzeige zu flackern - also Ende für heute. Der nächste Ort war Hilpoltstein. Dort hocke ich nun in einem schön eingerichtetem Einzelzimmer im 2.Stock (Der Wirt hat mir geholfen, das Gepäck hinaufzutragen) in der "Pension zur Krone" - nach einem ausgedehnten Duschbad. Ich zelebriere das Duschen jeden Tag nach den vielen Pedalumdrehungen. Ich stelle mir vor, die warme Dusche hält meine Gelenke in Schwung. Vielleicht mache ich nach dem Abendbrot aus der Proviantdose (habe Tomaten und Paulaner-Dosen eingekauft) noch einen kleinen Rundgang durch den - wie mir bei der Einfahrt auffiel - schönen Ort, schon richtig bayrisch.
Morgen früh werde ich zunächst eine Fahrrad-Werkstatt ansteuern müssen, denn das rechte Pedal dreht sich trotz Ölung recht schlecht. Sollte es unterwegs abbrechen, ist Holland in Not.
Ich vermute, zwei Drittel der Gesamtstrecke bis zum Badischen Meer geschafft zu haben. Wenn einer fragt: "Hast du etwas von Bamberg, Nürnberg oder Erlangen gesehen?" muss ich sagen: "Nein". Und "Warst Du schon mal in Bamberg, Nürnberg oder Erlangen?" muss ich wieder sagen: "Nein." "Und warum machst du das?" Dann ist meine einzige Antwort: "Ich will mich fithalten, noch einmal etwas Verrücktes machen und an dem Ungewöhnlichen meinen Spaß haben." Ich weiß echt nicht, ob ich solch eine zum Teil mörderische Tour noch einmal mache. Vielleicht kürzere Fahrten nach und durch Holland oder durch Mecklenburg-Vorpommern. Aber noch habe ich Mut - und morgen geht's weiter!!

Heute: 102 km
Gesamt: 883 km

Pause in Berching

Main-Donau-Kanal

Kinding - Gasthof "Zum Krebs"

Eichstätt - Kolpinghaus

 

 

Di, 03.09. Hilpoltstein - Eichstätt
0900 Uhr Aufbruch. Zunächst eine Fahrradwerkstatt suchen. Die erste hat Betriebsferien, die zweite macht erst um 1000 Uhr auf, die dritte um 1100 Uhr. Spätsommer - oder bayrische Gelassenheit? Also noch ein wenig Spray und zurück an den Main-Donau-Kanal und weiter nach Süden. Die Sonne scheint, der Wind schiebt mich - herrlich.
Um 1100 Uhr bin ich nach 30 km in Berching, mache eine kleine Pause und vertilge eine Banane. Zum Glück sind die zwei folgenden Schleusen Talschleusen, das heißt, an den Schleusen führt der Radweg bergab. Um 1210 Uhr erreiche ich Beilngries (km 40, Ende der Fahrt am Main-Donau-Kanal), mache einen kleinen Einkauf (Brot, Käse und Bierdosen) und stelle mich bei einem Grillhähnchen-Wagen an, muss aber warten, weil die Hähnchen auf der nächsten Stange noch nicht ganz fertig sind. Als sie dann soweit sind, haben die wartenden Leute vor mir alle Hähnchen mitgenommen. Verärgert wie andere Leute hinter mir habe ich den Versuch, einen Flattermann als Mittagessen zu verspeisen, abgebrochen.
Schnell hatte ich den Radweg ins Altmühltal gefunden. Ein schönes Tal mit festem, gut ausgeschildertem Radweg, aber gelegentlich kurzen, steilen Anstiegen, die ich hinaufschieben musste. Um 1300 Uhr hatte ich 50 km zurückgelegt, bog in Kinding um eine Ecke und entdeckte einen Gasthof mit vielen Tischen unter Bäumen und Sonnenschirmen - und irgendwie wirkte das verpasste Brathändle noch nach - also hielt ich an, setzte mich an einen Tisch und bestellte ein Bier und einen Schweinebraten mit Knödel und Salat. Als das Essen kam, war ich von der Menge für den geringen Preis sehr überrascht. Aufgegessen habe dennoch alles. In Gaststätten bei uns daheim würde solch ein Essen das Doppelte kosten.
Seit Tagen das erste Mittagessen - die Sonne wurde immer wärmer - da wuchs der Wunsch, ein Zimmer in Eichstätt oder kurz danach zu suchen. (Das Essen hatte mich faul gemacht.) Das Informationsbüro am Domplatz in Eichstätt konnte einen Gasthof kurz nach Eichstätt in Richtung Breitenfurt nicht vermitteln, wohl ein Zimmer im Kolpinghaus im Ort. Liegt nach steilem Anstieg am Berghang (also hinaufschieben und alle 20 Meter verschnaufen!). Aber schönes, großes Zimmer mit Dusche und Fernsehen.
Eichstätt war im 18.Jh. eine fürstbischöfliche Residenzstadt. Das sieht man an den vielen Prachtbauen in der Altstadt. Heute gibt es hier die Katholische Universität, die kleinste in Deutschland.

Heute nur: 84,5 km
Gesamt: 967,5 km

Eichstätt - Willibaldsburg

Dollnstein

Donau bei Dillingen

 

Mi, 04.09. Eichstätt - Dillingen
Der Tag heute hatte mehrere Seiten: Zum einen traumhaftes Wetter, strahlend blauer, bayrischer Himmel. Trotz hoher Temperaturen angenehm durch den Fahrtwind.
Nach dem Frühstück besprach ich meine Tagesroute mit dem Hauswart des Kolpinghauses in Eichstätt. Er sagte auf der ausgewählten Route gäbe es keine großen Steigungen. Das war auch so, bis auf ein paar, bei denen ich trotz E-Motor mächtig ins Schwitzen kam. Um 0915 Uhr war ich gestartet und etwa eine Stunde später in Dollnstein. Der Radweg war wie eine Rennstrecke, und gelegentlich musste ich mich zwingen anzuhalten, um Fotos zu machen. In Dollstein mußte ich das malerische Altmühltal verlassen und durch das Rieder Tal über Wellheim nach Rennertshofen an der Donau fahren.
Um 1200 Uhr kam ich an die Donau. Der Donau-Radweg direkt am Fluss entlang war gut zu fahren. Es kamen mir aber kaum Radler entgegen. Das war merkwürdig. Zumal auf dem Abschnitt zuvor noch viele Radfahrer unterwegs waren. Um 1330 Uhr habe ich nach 66 km in Donauwörth eine Kaffeepause gemacht, musste dann aber auf dem Radweg an der Bundesstraße nach Ulm entlang fahren. Dort gab es lange Steigungen, die mit Unterstützung zu schaffen waren, aber in die Knochen gingen. In Schwenningen hatte ich die Nase voll von den Steigungen und den vielen Brummern und habe mich nach dem Radweg an der Donau durchgefragt. Der war jedoch teilweise so schmal wie die Trampelpfade für Schafe auf einen Deich an der Hunte. Nach 104,5 km erreichte ich schließlich Dillingen und dort habe ich mich beim Biereinkauf bei Lidl zu einem Gasthof durchgefragt.
Jetzt sitze ich im Hotel "Zur Traube", habe geduscht und werde gleich einen Salatteller essen und ein alkoholfreies Bier in der Gaststube trinken. Abwechslung muss sein!

Heute: 104,5 km
Gesamt: 1072,0 km

Markt in Dillingen

Start am Hotel "Zur Traube"

Ulm - Donauwiesen

Ulmer Münster

 

 

 

Do, 05.09. Dillingen - Munderkingen
0915 Uhr bin ich nach dem dürftigen Frühstück (bisher das schlechteste Angebot) gestartet. In Laingen kam ich an eine Fahrradwerkstatt vorbei, habe die Pedale und die Schaltung kontrollieren lassen. Der Händler für (Ralley, Rixe und Kalkhoff) hat die Pedale gefettet und die Schaltung für ein Vergelt's Gott richtig eingestellt.
Um 1115 Uhr habe ich nach 30 km eine Pause in Günzburg eingelegt und an der Marktstraße, die vollbelegt mit Straßencafes ist, ein Spagetti-Eis mit Genuss verzehrt, denn die Hitze und der strahlend blaue mit unbarmherziger Sonne verlangen ihren Tribut. Zum Glück ging es, nachdem ich den Weg gefunden hatte, anschließend und schnurstracks durch einen Auwald. Ab Thalfingen machte der Donau-Radweg dann seinem Namen alle Ehre. Nun führte der Radweg bis Ulm direkt an der Donau entlang. Um 1315 Uhr war ich dann nach 60 km in Ulm und habe in den Auwiesen eine längere Pause gemacht. Da das Ulmer Münster nicht weit entfernt war, habe ich es und einige andere Gebäude fotografiert. Absolut sehenswert!
Und dann ging's wieder einmal in die Botanik! Zwischen Erbach und Ehingen durch völlig abseits von der Donau liegende Orte, mit höllisch langen Steigungen, ohne Schatten und mit brutaler Sonne. In Ehingen habe ich mir einen Kühl-Rollstift für meine Arme gekauft und hoffe, dass sie nicht brennen und die Haut nicht pellen wird. Obgleich ich seit Beginn mit kurzen Ärmeln fahre, war das heute zu viel für die Arme.
Von Ehingen habe ich mich noch weiter gekämpft (mit vielen Nachfragen über die Route entlang des Donau-Radweges) bis Munderkingen, einem kleinen idyllischen Ort irgendwo an der Donau, die nicht zu sehen ist. Diese zusätzlichen 10 km von Ehingen nach Munderkingen habe ich insbesondere deshalb gemacht, weil ich später am Bodensee bis Lindau fahren muss. Der Grund ist, dass mein Plan, mit der Bahn von Friedrichshafen nach Stuttgart zu fahren, problematisch ist, weil man auf der Strecke über Aulendorf in Busse umsteigen muss. Und das mit meinem Geschoss! Ab Lindau ist das unproblematisch. Also 25 km mehr.
Der Donau-Radweg ist ein Witz! Genauso könnte man die Strecke von Wilhelmshaven nach Oldenburg Jade-Radweg nennen. So wie man dann nichts von der Jade sieht, so sieht man hier nichts von der Donau. Vielleicht wird es ja auf dem letzten Teil über Sigmaringen bis Fridingen besser und schöner. Mal sehn!

Heute: 109,5 km
Gesamt: 1181,5 km

Munderkingen

 

Donau-Radweg

 

Schloss Sigmaringen

 

Kloster Inzigkofen

Nach Sigmaringen zurück!

 

Fr, 06.09. Munderkingen - Krankenhaus Sigmaringen
Um 0830 Uhr bin ich von Munderkingen aufgebrochen - und schon bald danach ging es wieder steil auf- und abwärts. Gelegentlich musste ich das Rad steile Anstiege hinaufschieben. Ich hasse das. Und von der Donau keine Spur. Und selbst die Abfahrten waren sehr gefährlich. Einmal ging es mit 20% bergab.
Ab Zwiefaltendorf war die Strecke dann so flach, als würde man durch Ostfriesland fahren. Schnurgerade Schotterwege. Und die Sonne brannte gnadenlos vom Himmel. In Riedlingen kam ich wieder an die Donau - und danach wieder lange Schotterwege. Der Vorteil war, dass man schnell vorankam. Sehr wenige Radfahrer kamen mir entgegen.
Kurz vor Sigmaringen führte der Radweg wieder an die Donau und dann direkt durch die Stadt. Da Mittag war, habe ich eine Pause eingelegt, schließlich hatte ich schon 60 km zurückgelegt. In Ruhe habe ich einen Salatteller an der belebten Straße in der Innenstadt gegessen und bin dann wohlgemut den Schildern des Donau-Radweges gefolgt. Um diesen Teil den Donau-Radweges zu befahren, braucht man keine Karte.
Nach 4,5 km kam ich an eine Abzweigung, die ich von meiner Fahrt zwei Jahre zuvor kannte. Dort steht ein großes altes Kloster. Der Ort heißt Inzigkofen. 10 km weiter passierte mein Unglück. Ich fuhr mit guter Geschwindigkeit auf einem geradeaus führenden Schotterweg, als plötzlich links hinter einer schmalen Abzweigung der Wegweises des Donau-Radweges stand und bedeutete, dass ich hier nach links abbiegen sollte. Ich zog stark und blitzartig an den Bremsen, um die Kurve noch zu kriegen - die Räder blockierten, das Hinterrad brach nach links aus. Ich kippte nach rechts und rutschte einige Meter auf dem Schotterweg. Ein Ehepaar hatte das beobachtet und geleitete mich zu dem Gutshof Käppeler in Thiergarten kurz nach dieser Abzweigung. Der Wirt brachte mir auf meinen Wunsch ein großes Glas Wasser. Da ich aber stark blutete, bestellte die Wirtin den Rettungswagen, der sehr schnell kam. Die Sanitäter haben mich in den Wagen gesetzt, das Fahrrad auch eingeladen und gesagt, sie brächten mich ins Krankenhaus Sigmaringen. Da war ich doch kurz zuvor durchgefahren.
Es wurden der rechte Arm und die Nase geröntgt. Da ich Marcomar-Patient bin, wurde mir dringend empfohlen, eine Nacht zur Beobachtung in der Klinik zu bleiben. Es könnte ja sein, dass ich auf den Kopf gefallen sei und ein Blutgerinnsel im Kopf nicht auszuschließen sei.
Mich ärgert, dass ich so kurz vor dem Tagesziel (Beuron, nur noch 15 km), nicht so gehandelt habe wie an vielen Stellen zuvor: Erst mal geradeaus weiter, dann anhalten und wenden. Jetzt sehe ich ein bisschen bunt im Gesicht aus: Die Brille hat die Nasenwurzel und eine Stelle seitlich des rechten Auges verletzt. Dort kleben jetzt Pflaster. Die Nase selbst sieht aus, wie die eines Alkoholikers. Und die Schürfwunden am rechten Arm mussten genäht werden. Also ein kompletter Verband des Unterarms. Alles ärgerlich!
Und nun weiß ich noch nicht, wie es weiter geht: Erst mit dem Zug bis Beuron, dann die Fahrt an den Bodensee fortsetzen und von Lindau heim mit der Bahn? Oder hier abbrechen und sofort nach Hause? Mal sehn, was die Ärzte morgen früh sagen.

Heute: 75 km
Gesamt: 1256,5 km

Krankenhaus Sigmaringen

  Sa, 07.09. Krankenhaus Sigmaringen
Sigmaringen. Nacht im Krankenhaus verbracht. Mittelmäßig geschlafen. Die geklammerten Stellen am rechten Unterarm waren lästig. Mehrfach in der Nacht kam die Nachtschwester zum Blutdruckmessen und zur Kontrolle der Pupillen.
1015 Uhr. Ich warte auf die Visite. Bin gespannt, was dabei herauskommt. Das Wochenende hier im Krankenhaus zu verbringen, würde mich nicht begeistern. Zumal dann sowieso nichts gemacht wird - außer dass der Verband gewechselt wird.
Da der ja gewechselt werden muss, überlege ich, auf kürzestem Wege nach Hause zu kommen und nicht mehr bei meinen Töchtern, Katharina in Nürtingen und bei Alexandra in Koblenz, vorbeizuschauen, zumal beide beruflich sehr beansprucht sind. Ich hoffe, eine gute Verbindung von Lindau aus weit nach Norden zu finden.
Ich habe Katharina angerufen und ihr von meiner Situation berichtet. Sie hat mir dann sofort geholfen, eine passende Zugverbindung zu suchen, die mich von hier nach Hause bringt.
1600 Uhr. Der Oberarzt hat Angst, dass sich der Schleimbeutel am Armgelenk entzündet. Deshalb hat er angeordnet, den Arm einzugipsen. Ich habe das Gefühl, im Krankenhaus wird man erst zum Kranken gemacht. Oder will man einen Privatpatienten schröpfen? Und wie lange muss ich die Gipsschiene (er-)tragen? Auf der Heimreise mit der Bahn wäre sie beim Umsteigen absolut hinderlich. Ich bin gespannt, wie das hier weitergeht.

So'n Mist!

 

 

 

 

 

 

 

 

Zu Hause!

 

So, 08.09. Krankenhaus Sigmaringen
Typischer Krankenhaussonntag: Keine Entscheidungen, keine medizinischen Maßnahmen, nur Grundversorgung: Wecken, Essen, Medikamentenverteilung …
Mehrere Personen, die mich auf meinen Fahrradunfall bei Thiergarten ansprechen oder denen ich davon erzähle, kennen diese Stelle als unfallträchtigen Ort. Von dort kommen viele Verletzte hier ins Krankenhaus. Katharina kennt auch diese Stelle.

Mo, 09.09. Krankenhaus Sigmaringen
Die Schiene schmerzt. Als sie abgenommen wird, setzen stechende Schmerzen in der Hand ein. Ich kann die Finger und die Hand kaum beugen. Erste Maßnahme: Schmerzmittel. Am Nachmittag wird die Hand geröntgt. Ergebnis: Durch die zu lange Unterarmschiene wurde das Handgelenk fixiert und da ich im Daumengelenk und anderen Stellen in der Hand Arthrose habe, traten die Schmerzen nach der Entfernung der Schiene auf. Maßnahme: "Klavierspielen" mit den Fingern. Mit der Zeit tritt eine leichte Verbesserung ein. Bereits beim Anlegen der Schiene war ich der Meinung, dass sie zu lang sei. Habe meine Bedenken dem Gipser gesagt. Der war jedoch anderer Meinung. Er hat sich halt "vergipst".
Die Schiene wird für die Nacht nicht wieder angelegt.

Di, 10.09. Krankenhaus Sigmaringen
Bin immer noch im Kreiskrankenhaus Schwenningen. Langsam kommt der Rücktransport von hier nach Hause in Gang. Heute neue Unterarmschiene bekommen. Kürzer und sorgfältigere Ausführung von einer Frau.
Eine von diesen spitzmausigen, jungen Krankenschwestern fragt mich, wie ich nach Hause komme. Ich war davon ausgegangen, dass der Assistenzarzt, der sich der Sache angenommen hatte, mir mitteilen würde, wann die Rückfahrt sei. Am Montag hatte bereits ein Gespräch mit dem ADAC stattgefunden. Ich hörte allerdings nichts. Gestern machte mich Gerda darauf aufmerksam, dass wir ja auch Mitglied beim DRK seien. Da mich der DRK-Wagen zum Krankenhaus gebracht hatte, ging ich in die Notaufnahme, traf dort einen Herrn Unger und trug ihm das Problem vor, dass der ADAC nicht bereit sei, mein Fahrrad auf dem Rücktransport mitzunehmen.
Herr Unger sagte, er habe mit dem DRK gesprochen, der auch bereit sei, mein Fahrrad mitzunehmen. Also läuft die Angelegenheit momentan auf zwei Schienen.
1900 Uhr: Anruf vom ADAC. Ich teile ihm mit, dass ich mit dem DRK in Verbindung stehe. Ich solle bis morgen Mittag dem ADAC mitteilen, ob ich auf ihr Angebot reflektiere.

Mi, 11.09. Krankenhaus Sigmaringen
Endlich habe ich die Rückfahrt und den Rücktransport des Fahrrades organisiert. Mich bringt der ADAC mit einem PKW nach Hause und das Fahrrad transportiert der Versand Hermes. Das DRK wollte wohl mich und das Rad gleichzeitig nach Sandkrug schaffen, aber von mir eine Kostenbeteiligung von 700,- Euro. Also ist die Lösung mit dem ADAC die günstigste. Bleibt jedoch die Frage: Warum transportiert der ADAC den PKW und das Motorrad eines Verunglückten nach Hause, aber nicht ein Fahrrad? Na gut, das wird sich von daheim klären lassen.

Do, 12.09. Krankenhaus Sigmaringen - Sandkrug
08.30 Uhr Chefvisite. Das Personal springt vor der Visite hin und her, als würde der Papst empfangen. Alles muss vorbereitet, die Verbände entfernt sein, damit keine Verzögerungen bei der Visite auftreten. Dann kommt der "Gott in Weiß" mit dem gesamten Stab - von ca. 12 Personen. Wer solch einen Auftritt noch nicht erlebt hat, sollte mal in das Kreiskrankenhaus Sigmaringen gehen. Eindruckvoll und lächerlich zugleich.
10.15 Uhr: Der Mann vom ADAC holt mich am Krankenzimmer ab. Vor dem Krankenhaus steht ein weißer Mercedes E-Klasse mit Blaulicht auf dem Dach. Sehr bequem. In zügiger Fahrt geht es nach Norden: Auf Schleichwegen durch Stuttgart, dann Richtung Würzburg, hinter Kassel Richtung Paderborn (leider fehlt ein Autobahnstück bei Bielefeld), dann vorbei an Osnabrück und schließlich Richtung Oldenburg. Um 19.15 Uhr stand ich vor der Haustür. Entspannt und glücklich endlich wieder zu Hause und bei Gerda zu sein.
Fazit nach 13 Tagen Radtour und 7 Tagen Krankenhaus: Das Pech mit dem Sturz hätte überall passieren können - auch hier in Sandkrug. Also abhaken! Schade ist, dass ich die Fitness, die ich mir durch das Radfahren erworben hatte, im Krankenhaus schnell verflog. Also: Ich werde wohl im nächsten Jahr wieder eine längere Radtour machen (vielleicht im Flachland und nicht so weit), denn diese Art zu reisen gefällt mir - auch wenn man an manchen Tagen etwas auf die Zähne beißen muss. Besonders schwierig fällt mir der Start am Morgen, bin ich dann aber auf dem Rad, kommen die Lust und der Spaß nach ein paar Kilometern.